Am 23. Oktober trafen wir uns mit Dietlind Hüchtker und ihrem Team vom Fakultätszentrum für transdisziplinäre historisch-kulturwissenschaftliche Studien zu einer sogenannten „Mushroom-Runde“, bei der wir inspiriert durch das Buch „The Mushroom at the End of the World“ von Anna Lowenhaupt Tsing versuchten, unsere Forschungen mit der Technik des „Vernetzten Erzählens“ darzustellen.
Oliver Kühschelm präsentierte unter dem Titel „Ostöffnung als Chiffre von Mobilisierung“ seine Ideen zum „Wilden Osten“, indem er die „Goldgräberstimmung“ nach der Ostöffnung beschrieb. Er zeigte, wie medial die Bilder des Ostens als „Ruinenlandschaft“ sowie „der Tschechen, denen die Österreicher etwas beibringen müssten“ kommuniziert wurden. Als „Schwammerl“ dienten in dieser Geschichte die Standorte von Unternehmen/Banken, die Netzwerke bilden (deren Ausbreitung im Gegensatz zu den Pilzen allerdings gesteuert werden kann).
Thomas Kühtreiber widmete sich in seiner Präsentation „Wallfahrtsmedaillen als Matsutake“ einer spezifischen Wallfahrtsmedaille, die auf einer Seite mit der Wallfahrt nach Maria Weißwasser (Bílá Voda) in Zusammenhang gebracht werden kann, auf der anderen Seite den hl. Rupert von Salzburg zeigt. Thomas Kühtreiber orientierte sich vor allem in der Art des Erzählens an Lowenhaupt Tsing, indem er von dem Objekt ausgehend die Geschichten entspann, die sich davon ausgehend erzählen ließen. So wurde der Frage nachgegangen, wie soziale Räume durch Wallfahrtsmedien konstituiert werden – und dabei wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass vormodernes Wissen „rhizomisch“ organisiert war. Als „Schwammerl“ dienten in diesem Beispiel die Wunder, die in der Frühen Neuzeit „aufpoppten“ und als Ausgangspunkte für die Konstituierungen von Wallfahrten dienten.
Auf Einladung von Sabine Miesgang stellte die Dissertantin Sarah Deichstetter (Germanistik, Uni Wien) ihre Forschungen zu den „vergessenen Nonnen des Stiftes Klosterneuburg“ vor. Sarah Deichstetter und Sabine Miesgang hatten in Kooperation mit den Universitäten Düsseldorf und Harvard im Zuge einer Anschubfinanzierung ein Jahr lang die Möglichkeit gehabt, die Quellen der 1568 aufgelösten Chorfrauengemeinschaft in Klosterneuburg zu erfassen und zum Teil zu erschließen. Um teleologischen Geschichtsvorstellungen und gängigen Narrativen und Meistererzählungen der Nonnenforschung zu entgehen, orientierten sich die beiden an der Erzählweise Lowenhaupt Tsings, um ausgehend von den überlieferten Rechnungsbüchern der Gemeinschaft Aussagen zu treffen. Die Präsentation diente zudem als Testlauf für die Teilnahme an der Tagung „Arbeit mach Geschlecht – Geschlecht macht Arbeit“ des Arbeitskreises für Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit von 26.–28. Oktober 2023.