Im wissenschaftlichen Workshop „Hin, zurück oder weiter. Die vielen Wege der Migrationsgeschichte“ diskutiert der first-Forschungsverbund „Migration“ mit nationalen und internationalen ExpertInnen am 29. November 2018 in der Niederösterreichischen Landesbibliothek die bislang wenig beachteten vielfältigen Bewegungsprozesse von MigrantInnen.
Hartnäckig hält sich in der Öffentlichkeit das Bild von Migration als einem einmaligen Ortswechsel in eine bestimmte Richtung. Es dominiert die Meinung, dass Menschen ein Land verlassen (Vorstellung vom Abschied), um sich auf eine mehr oder weniger weite Reise zu machen und anderswo eine neue Lebensgrundlage zu finden (Vorstellung von Ankunft). Solche statischen Bilder von einem „einmaligen und dauerhaften Ankommen“ und die Konzentration auf das „Hin“ entsprechen allerdings nicht der Lebensrealität vieler MigrantInnen.
Im Gegenteil, Migration setzt die vielfältigsten Bewegungen in Gang: „Hin und Her“, „Hin und Weiter“ oder auch „Hin und Zurück“ sind gängige Muster, die sich in vielen Migrationsprozessen beobachten lassen. Entscheidungen über das „Bleiben“ oder „(Weiter-)Gehen“ verlieren auch an neuen Orten nicht an Bedeutung.
Mit einem einseitigen Fokus auf den „Ankunftsort“ wird zudem übersehen, dass MigrantInnen verschiedene Orte, an denen sie zeitweilig oder auf Dauer leben, miteinander verbinden: Durch Netzwerke zu Verwandten, FreundInnen, Bekannten sowie durch kulturelle, ökonomische und soziale Praxen spannen sie transregionale und transkulturelle Räume auf.
Die Forschungen des Forschungsverbundes „Migration“ wurden vom niederösterreichischen FTI-Programm im Zeitraum 2016 bis 2018 gefördert und vom Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien (first), welches an der Donau-Universität Krems koordiniert wird, durchgeführt. Im Workshop werden die Forschungsergebnisse der letzten Jahre mit nationalen sowie internationalen Beiträgen zusammengeführt.
Schedule
09.00 – 11.00: Contributions I
- Annemarie Steidl (University of Vienna): The multiple ways of new migration history
- Josef Löffler (Institute for Medieval and Early Modern Material Culture, Krems): Religious exile of Austrian aristocrats in times of counter-reformation: movements & material culture
- Evguenia Davidova (Portland State University): Circuits of mobile workers within the 19th century Balkans
11.15 – 13:15: Contributions II
- Eleonora Naxidou (Democritus University of Thrace): Mobile intellectuals as agents of nationalism in the 19th century Balkans
- Katrin Lehnert: Mobility, sedentariness and migration: short-distance daily mobility in the Saxon-Bohemian border region in the 19th century and problems of its categorization
- Jessica Richter (The Institute of Rural History, St. Pölten): From the countryside to the city and back: Organizing subsistence and limiting rural exodus (Austria, 1918 – 1934)
14.15– 16.15: Contributions III
- Dieter Bacher (Ludwig Boltzmann Institute for Research on the Consequences of War, Graz/Vienna): Foreign-language DPs in Lower Austria 1945 – 1951: How did the accomodation influence their further biography?
- Anne Unterwurzacher (Center for Migration Research, St. Pölten): “The exodus of Turkish guestworkers to Germany seems to have calmed down”: local negotiations of migration – the case of the Glanzstoff-Factory in St. Pölten (1962 – 1975)
- Katharina Auer-Voigtländer (Ilse Arlt Institute on Social Inclusion Research, St. Pölten): Sense of places and socio-spatial placemaking: Movements of refugees in Austria in the 21th century