Der 2021 gestartete Forschungsverbund widmet sich der Frage, welche Praktiken und Prozesse auf die Konstituierung von Regionen Einfluss nehmen. „Region“ spielt im aktuellen politischen Diskurs eine bedeutende Rolle, vom „Europa der Regionen“ bis hin zu den Appellen, regionale Produkte einzukaufen. Je nach Sinnzusammenhang wird der Begriff somit in Abgrenzung zu Nationalstaaten und deren fixen Grenzen oder aber für patriotische Zwecke instrumentalisiert. Seiner – historisch gewachsenen – Vieldeutigkeit sowie den Fragen nach der historischen Dynamik heutiger und früherer Regionen gilt unser Hauptinteresse:
Ausgehend von einem Regionsbegriff, der zum einen Region als Raum verdichteter Identitäten und zum anderen als Raum politischer und wirtschaftlicher Interessen versteht, wird auf Grundlage vergleichender Quellenanalysen dem Phänomen „Regionalität“ in historischer Perspektive nachgegangen. Der Begriff der „Region“ dient in diesem Rahmen als analytischer Zugriff auf Phänomene, die Interaktionsprozesse in Bezug auf einen bestimmten Raum erfahrbar machen. Dieser Raum wird beispielsweise durch die Wahrnehmung von Grenzen oder lokalen Besonderheiten, durch Herrschaftsstrukturen, Wirtschaftsbeziehungen, Verkehrsnetze, Familienstrukturen, geografische Gegebenheiten oder soziale, politische oder religiöse Vernetzungen konstituiert.
Ein wesentliches Element dieser verdichteten strukturellen Raumbildung ist Kommunikation in ihren vielfältigen Ausformungen, vermittelt durch eine breite Palette an Medien. Als Instrumente zur Erschließung von Wirklichkeiten kommt ihnen ein hohes Maß an Bedeutung zu, wenn es um die Frage nach regionsbildenden Prozessen geht. Medien werden dabei nicht nur als Mittel der Kommunikation verstanden. Sie sind auch als Wirkungszusammenhänge von Instrumenten, die der Kommunikation dienen, den dafür notwendigen technischen Dispositiven sowie den damit in Verbindung stehenden institutionellen Rahmenbedingungen zu sehen. Insbesondere kann am Beispiel der Medien aufgezeigt werden, wie überregionale Kommunikationstechniken und Medienformate für die Konstitution oder Transformation von „Region“ eingesetzt werden.
Der Forschungsverbund versteht sich – entsprechend der Programmatik von first – als Querschnittsthema des Forschungsnetzwerks, aber auch gleichzeitig als projektbezogene Vernetzungsplattform zur vergleichenden Regionalgeschichte mit anderen Institutionen im In- und Ausland.
Das Rahmenkonzept des Forschungsverbunds Regionalitäten steht Ihnen unter den folgenden Links zum Download bereit:
Rahmenkonzept des Forschungsverbunds Regionalitaeten (dt)
Research Group for Regionalities: Conceptual Framework (engl.)
FV-Leitung: Sabine Miesgang (2021-2022: Thomas Kühtreiber)
Laufende Projekte:
- Projekt: „Salvation Economics and Media“ (SALVEMED, FWF PAT 1390723)
Projektleitung: Werner Telesko (ÖAW/IHB), nationaler Kooperationspartner: Thomas Kühtreiber (IMAREAL)
Projektlaufzeit: drei Jahre ab 01. Oktober 2024 - Projekt: „Mobile Frauen/Theater/Leben. Theaterunternehmerinnen in der Habsburgermonarchie, 1850–1914“ (Magret Berger/IGLR) als Teilprojekt von „Die regionale Bestimmung der Mitte“ (Oliver Kühschelm/IGLR)
Projektlaufzeit: drei Jahre ab 01. November 202 - Projekt “Gut Wehr, Kamerad Samuel!” Jüdische Feuerwehrleute in NÖ
Durchführender: Benjamin Grilj
Projektstart: Januar 2024
Publikationen:
- Kühtreiber, Thomas/Schindler, Jacqueline: Wallfahrt und Regionalität in Mitteleuropa – einleitende Gedanken zu einem Rahmenkonzept, in: MEMO Sonderband 1 (2022): Kühtreiber, Thomas (Hg.): Wallfahrt und Regionalität in Mitteleuropa in der Frühen Neuzeit (17.–18. Jahrhundert), S. 1–18, Pdf-Format, doi: 10.25536/2022sb01_01.
- Kühtreiber, Thomas (Hg.): Wallfahrt und Regionalität in Mitteleuropa in der Frühen Neuzeit (17.–18.
Jahrhundert). MEMO Sonderband 1 (2022), Pdf-Format, doi: 10.25536/2022sb01. - Miesgang, Sabine: Regionen erforschen. Das Rahmenkonzept des first-Forschungsverbundes „Regionalitäten“, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich NF 89 (2023), S. 307–324.